Ihr Hund zittert? – Das kann dahinterstecken

Welche Ursachen das Zittern bei Hunden haben kann, erläutert Hundetrainer Bernd Baron im Interview

Zittert Ihr Hund hin und wieder? Dies kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Hundetrainer Bernd Baron erklärt im Interview, welches häufige Ursachen fürs Zittern bei Hunden sind, was Sie tun können und warum Sie es nicht ignorieren sollten.

Herr Baron, was löst Zittern beim Hund aus?

Es gibt ganz verschiedene Ursachen, warum Hunde anfangen zu zittern. Wenn Ihr Hund zittert, ohne dass Sie es sich erklären können, sollten Sie deshalb immer beim Tierarzt abklären, ob es sich um ein medizinisches Problem handelt. Es könnte beispielsweise ein Kreislaufschock sein, der im Sommer häufiger vorkommt: Leider lassen immer noch viele Menschen ihren Hund bei hohen Temperaturen im Auto. Bei einem Kreislaufschock zittern Hunde oft. Es sieht dann so aus, als ob der Hund friert, doch dies ist meist ein Zeichen, dass der Hund Kreislaufprobleme hat.

Auch bei einer Vergiftung zittern Hunde, ebenso bei manchen Verletzungen. Meist kommen dann allerdings andere Symptome hinzu. Aber nicht jedes Zittern hat einen medizinischen Hintergrund, oft sind es ganz andere Dinge.

Was kann Zittern beim Hund noch auslösen – wenn der Tierarzt ein medizinisches Problem ausschließt ?

Ein sehr häufiger Grund, warum ein Hund zittert, ist schlicht und einfach Kälte. Das liegt auch an unseren Zentralheizungen. Viele Menschen haben zu Hause außerdem den Komfort einer Fußbodenheizung. Wenn der Hund daran gewöhnt ist, ist ihm natürlich im Winter draußen kalt und er fängt an zu zittern.

Das ist eigentlich naheliegend, denn im Winter frieren wir Menschen ja auch. Doch viele Hundehalter denken gar nicht daran. Es ist ja oft immer noch verpönt, wenn Hunde einen Hundemantel oder Pfotenschuhe tragen – dabei sollte es ganz selbstverständlich sein. Es kommt natürlich auch auf die Rasse an: Viele Hunderassen haben dichtes, warmes Fell mit viel Unterwolle. Das schützt vor Kälte.

Aber auch kalter Regen kann dazu führen, dass der Hund friert und zittert. Bei einem Hund mit Unterwolle, wie z.B. einem Labrador oder Husky kommen die Feuchtigkeit und Nässe gar nicht richtig an die Haut, sie perlt bereits am Deckhaar ab. Hunde ohne Unterwolle sind dagegen oft sehr schnell klitschnass – und zittern dann natürlich vor Kälte.

Große Hunderassen mit kurzem, feinem Fell wie zum Beispiel Dalmatiner, Boxer oder Dobermann neigen natürlich eher zum Frieren als ein Berner Sennenhund. Aber gerade große Hunde sieht man selten mit Hundekleidung. Dabei sollten Sie bedenken, dass etwa ein Rhodesian Ridgeback ursprünglich aus Südafrika stammt. Kein Wunder also, dass auch dieser große Hund im Winter vor Kälte zittern kann.

 

Unsere Hunderassen sind nicht natürlichen Ursprungs – sondern gezüchtet. Manche Hunderassen sind sehr kälteempfindlich.

 

Kleine und kleinste Hunderassen frieren natürlich auch. Sie sind der Kälte direkter ausgesetzt, denn sie bewegen sich mit ihrem Körper erheblich dichter am Boden als große Hunde. Ein Hundemantel oder -pullover kann hier helfen

Ein Jack Russel im warmen Hundemantel läuft schnuppernd über den Schnee.

Aber nicht immer ist es die Temperatur – manchmal lösen auch Emotionen das Zittern bei Hunden aus: Angst, Stress oder Freude.

Wie erkennen Hundehalter, dass der Hund vor Angst zittert?

Der Hund steht einfach nur auf der Wiese und zittert? Oder er beginnt beim Spaziergang zu zittern? Dann muss der Hundehalter überlegen, was der Auslöser sein könnte.

 

Um zu erkennen, warum der Hund zittert, müssen Hundehalter empathisch sein. Empathie hilft dem Hund mehr als Fachwissen.

 

Viele Situationen sind für Hunde stressig: Das kann Autofahren, Gewitter, Silvester oder ein Tierarztbesuch sein. Zittern ist dann nur das Symptom. Das vorgelagerte Problem muss behandelt werden. Zu mir als Hundetrainer kommen deshalb Menschen auch nicht deshalb, weil ihr Hund zittert, sondern weil er beispielsweise nicht Auto fahren möchte.

Es kann sein, dass der Hund irgendwann einmal eine schlechte Erfahrung gemacht und sich nicht wohlgefühlt hat. Dann kommt dieses Gefühl bei einem entsprechenden Auslöser wieder hoch. Ist die Angst sehr groß, klappern manche Hunde regelrecht mit den Zähnen vor Angst.

Wie können Hundehalter ihren Hunden helfen, wenn sie aus Angst zittern?

Ich hatte selbst einmal eine Hündin, die sehr große Angst vor dem Tierarzt hatte. Ich habe ihr das Warten im Wartezimmer dann gar nicht erst zugemutet. Stattdessen habe ich mit ihr im Auto gewartet und bin von dort direkt ins Behandlungszimmer gegangen. So konnte sich ihre Angst nicht noch mehr aufbauen.

Ähnlich ist es, wenn ein Hund Angst hat, an einem Gegenstand vorbeizugehen. Dann hilft es meistens am besten, den Hund nicht zu zwingen, sondern sich seinem Tempo anzupassen. Lassen Sie ihn die Lage beobachten. Ermutigen Sie ihn, statt ihn an der Leine zu ziehen. Üben Sie die Situation immer wieder, bis es klappt. Manches braucht einfach Zeit.

Viele Hunde zittern vor Angst bei der Knallerei an Silvester ...

Mein Rat ist da ganz klar: Lassen Sie Ihren Hund nicht allein damit! Es tut mir und meinen Kollegen immer wieder weh, wenn wir vor Silvester Tipps hören, wie man sich verhalten sollte, wenn der Hund Angst vor der Knallerei hat. Oft hört man, man sollte den Hund ignorieren. Und dann weiß ich, dass wieder Tausende Hunde zu Silvester mit ihren Ängsten alleingelassen werden.

Die „falsche“ Logik hinter diesem Rat ist immer: „Sie verstärken die Angst, wenn Sie ihren Hund trösten.“ Dabei können wir negative Emotion wie Angst nicht verstärken, indem wir etwas Positives hinzufügen. Beruhigen Sie Ihren Hund. Wenn er Angst hat, wird die Angst dadurch nicht größer – im Gegenteil.

Denken Sie an sich selbst: Nehmen wir an, Sie haben Flugangst, dadurch haben Sie einen erhöhten Blutdruck und einen erhöhten Puls im Moment des Abhebens. Wenn dann eine vertraute Person wie Ihr Mann, Ihr Freund, Ihre Mutter oder eine Freundin Sie in den Arm nimmt und tröstet, Ihnen etwas Süßes gibt und beruhigend mit Ihnen spricht, dann geht es schon gleich viel besser. Und ganz klar ist: Durch die Zuwendung wird Ihre Flugangst nicht stärker werden. Genauso ist es bei Hunden und ihrer Angst. Kümmern Sie sich also und beruhigen Sie Ihren Hund, denn das hilft ihm.

Manche Hunde zittern übrigens auch aus dem genauen Gegenteil: vor Freude!

Hunde zittern vor Freude?

Ja, Hunde können auch bei Emotionen wie großer Freude zittern. Manche Hunde freuen sich so stark, wenn ihre Halter nach Hause kommen, dass sie nicht mehr Herr über ihre Muskeln sind. Der ganze Körper ist in Bewegung und dabei kann es auch passieren, dass Muskeln zittern. Manchmal entleert sich gerade bei jungen Hunden dabei auch die Blase, hier sollte man so einen Hund nicht noch vor Freude aufdrehen, sondern lieber ruhiger agieren.

Kann Zittern auch von Erschöpfung ausgelöst werden?

Auf jeden Fall. Große körperliche Anstrengung kann Zittern aus Erschöpfung auslösen. Starkes Toben, Laufen oder andere sportliche Aktivitäten mit dem Hund können dazu führen, dass bestimmte Muskelpartien zittern. Dann hilft Ruhe. Geben Sie Ihrem Hund einen Kauknochen und lassen Sie ihn sich ausruhen.

Sollten Hundehalter reagieren, wenn der Hund im Schlaf zittert?

Das kommt darauf an, wie stark das Zittern ist. Hunde bewegen sich im Schlaf beim Träumen und zittern manchmal. Mitunter kann es jedoch auch extrem werden: Hunde geben dann im Schlaf Geräusche von sich, bellen oder zittern am ganzen Körper. Wenn ich dies an meinem Hund bemerke, lege ich meine Hand vorsichtig auf den Oberkörper, drücke ganz sachte auf und sage etwas Beruhigendes. Auf diese Weise beruhigt der Hund sich wieder und kann weiterschlafen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Teilen Sie diesen Artikel mit Ihren Freunden & Bekannten:

Weitere Artikel der aktuellen Ausgabe