Vertrauen zum Hund aufbauen
So lernt Ihr Hund Ihnen zu vertrauen – und umgekehrt
Ein Interview mit Hundetrainerin Ann-Kathrin Henke
Gerade im Alltag, aber auch in besonderen Situationen ist es wichtig, dass sich Hund und Mensch vertrauen können. Aber wie in Beziehungen zwischen Menschen auch ist dieses Vertrauen nicht einfach von heute auf morgen da. Hund und Mensch müssen sich erst einmal kennenlernen und langsam das gegenseitige Vertrauen aufbauen. Wie das geht, erfahren Sie in diesem Artikel.
Ein Interview mit Ann-Kathrin Henke – einer Hundetrainerin mit einem Fokus auf nonverbaler Kommunikation
Ann-Kathrin Henke ist zertifizierte Hundetrainerin und seit mehreren Jahren in diesem Beruf tätig. Ihr Credo: Ein Blick sagt mehr als tausend Worte. Ann-Kathrin Henke steht für nonverbale Kommunikation und Körpersprache in der Mensch-Hund-Beziehung. Unter der Bezeichnung “die Freigänger – gemeinsam frei sein” hilft sie in Kursen und Einzeltrainings Menschen, die Sprache ihres eigenen Hundes zu verstehen, ihm Sicherheit zu geben und sich in der eigenen Körpersprache klar und verständlich auszudrücken. Unterstützt wird Ann-Kathrin Henke dabei von ihren Hunden Emmi, Alf, Krümel und Käthe.
Frau Henke, warum ist es wichtig, dass sich Hund und Mensch gegenseitig vertrauen?
Gegenseitiges Vertrauen hilft uns, Situationen einschätzen zu können und den Alltag angenehm zu gestalten. Ohne Vertrauen befolgt Ihr Hund vielleicht Ihre Kommandos, ist aber nicht unbedingt von deren Sinnhaftigkeit überzeugt. Ein Vertrauensverhältnis erleichtert das Zusammenleben und lässt uns auch schwierige Situationen zusammen meistern.
Begegnungen mit anderen Hunden können beispielsweise angsteinflößend für einige Hunde sein. Als Mensch können Sie dann die Verantwortung übernehmen und sagen: „Wir regen uns nicht auf, wir machen keinen Blödsinn, wir gehen einfach vorbei.“ Sie treffen diese Entscheidung für Ihren Hund und sich selbst, und da Ihr Hund Ihnen vertraut, glaubt er Ihnen. Für beide Parteien bedeutet das weniger Stress.
Woran erkenne ich, ob mein Hund mir vertraut?
Vorab ist es wichtig zu sagen, dass Vertrauen und das Zeigen von Vertrauen eine sehr individuelle Sache ist. Hunde haben unterschiedliche Charaktere und eventuell schon Vorerfahrungen machen müssen, die es ihnen schwerer machen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Vertrauen kann sich beispielsweise darin äußern, dass der Hund nicht impulsiv etwas Unüberlegtes tut und in Situationen, die ihn unruhig werden lassen, zunächst Kontakt mit seinem Menschen aufnimmt.
Wichtig: Nur weil Ihr Hund in einer Situation gegen die Absprachen verstößt, heißt das nicht, dass er Ihnen nicht vertraut. Das bedeutet umgekehrt aber auch: Nur weil Ihr Hund Ihre Kommandos befolgt, muss er Ihnen nicht zwangsläufig vertrauen.
Vertrauen ist individuell und auch tagesformabhängig. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, das kann Ihnen am besten sagen, ob Ihr Hund Ihnen vertraut und ob Sie Ihrem Hund vertrauen können.
Wir kennen unsere Hunde alle besser, als wir oft glauben, lassen uns aber viel zu schnell von außen einreden, dass dem nicht so wäre.
Jeder, der seinen Hund liebt, hat eine gute Bindung zu seinem Hund, was nicht heißt, dass der Hund dadurch automatisch erzogen ist. Aber eine Bindung und Vertrauen sind trotzdem da. Niemand setzt seinen Hund ständig Situationen aus, die für ihn unangenehm sind.
Wie kann ich das Vertrauen meines Hundes gewinnen?
Damit eine Grundlage geschaffen werden kann, ist es wichtig, dass sich Hund und Mensch kennenlernen und gemeinsame Erfahrungen sammeln. Wenn Sie wissen, wie Ihr Hund zum Beispiel auf Hundebegegnungen reagiert, können Sie sein Verhalten irgendwann voraussagen. Je besser Sie Ihren Hund kennen – und er Sie –, desto besser ist dies als Grundlage für ein Vertrauensverhältnis.
Eine weitere Grundlage ist die Erziehung. Damit ist gemeint, dass Ihr Hund sich darauf verlassen kann, dass Ihre Kommandos einen Zweck haben, den er nachvollziehen kann.
Wenn sich Ihr Hund bei Regen am liebsten unter einer Decke verkriechen würde und Sie ihm dann beim Spaziergang in einer Pfütze das Kommando „Platz“ geben, wird er dies vielleicht ausführen, aber Vertrauen schafft das nicht – im Gegenteil. Sie beweisen Ihrem Hund damit, dass Sie seine Grenzen nicht respektieren.
Erziehung bedeutet, dass es klare Absprachen gibt, und für die Missachtung dieser Grenzen gibt es Konsequenzen. Damit bringen Sie Ihrem Hund bei, dass Sie konsequent sind, er sich also auf Ihr Verhalten verlassen kann. Ganz wichtig: Konsequent zu sein bedeutet, dass Ihr Hund nicht an sich „schlecht“ ist, lediglich sein Verhalten korrigiert werden muss.
Vertrauen aufbauen passiert bei kleineren Konflikten und nicht bei der großen Eskalation. Dadurch lernen beide Parteien sich aufeinander zu verlassen und erfahren, wie in der Gemeinschaft mit Konflikten umgegangen wird.
Kann das Vertrauen zwischen Hund und Halter zerstört werden?
Natürlich durchlebt auch das Vertrauensverhältnis Höhen und Tiefen. Aber auch, wenn das Vertrauen zwischen Ihrem Hund und Ihnen gerade ein paar Probleme macht, bedeutet das nicht, dass es keine gute Verbindung zwischen Ihnen gibt! Eine Bindung zum Hund aufbauen können Sie, indem Sie Verständnis für Ihren Hund zeigen und emotional verfügbar sind. Das bedeutet, Verständnis dafür zu haben, wenn der eigene Hund mal toben will. Ihr Hund ist gut, so wie er ist, aber das Verhalten kann man trotzdem klären.
Wie baue ich Vertrauen auf, wenn mein Hund besonders ängstlich ist?
Einige Hunde sind besonders ängstlich. Bei manchen ist das einfach ein Teil ihres Charakters, andere Hunde haben Erfahrungen sammeln müssen, die es ihnen schwer machen, Menschen zu vertrauen.
Aber auch wenn Ihr Hund ängstlich sein sollte, bedeutet das nicht, dass zwischen Ihnen kein Vertrauen besteht und Ihr Hund Ihre Entscheidungen anzweifelt. Es kann aber sein, dass er sich trotzdem nicht dazu durchringen kann, z. B. durch eine dunkle Unterführung zu gehen, die ihm große Angst bereitet. Das muss aber überhaupt nicht an Ihnen liegen. Wenn Sie einen Hund erst im Laufe seines Lebens aufnehmen, kann es sein, dass er gar nicht gelernt hat, Menschen überhaupt zu vertrauen.
Geben Sie sich und Ihrem Hund viel Zeit und begegnen Sie ihm mit Empathie. Beim Vertrauen gibt es keine Skala, die darüber entscheidet, ob dieses groß genug ist. Ob Sie sich gegenseitig vertrauen, erkennen Sie an Ihrem Bauchgefühl.
Vertrauen schaffende Erziehungstipps und absolute No-Gos!
Immer wieder ist eine Methode zu finden, mit der man angeblich den Rückruf trainieren kann. Dabei versteckt sich der Mensch, wenn der Hund nicht hört. Irgendwann bemerkt der Hund das und bekommt Panik, weil er seinen Menschen nicht finden kann. Der Lerneffekt dabei soll sein, dass sich der Hund so sehr freut, den Halter wiederzusehen, dass er fortan Angst hat, ihn zu verlieren und immer in Reichweite bleibt. Ein Vertrauensverhältnis, das darauf beruht, dass der Hund Angst hat, dass Sie verschwinden könnten? Keine gute Idee – deshalb bitte nicht nachmachen!
Stattdessen: Arbeiten Sie mit Ihrem Hund an seinen Problemen. Wenn er z. B. ängstlich ist, sobald es an größere Straßen geht, kann es helfen, den Hund zwischen die Beine zu „klemmen“ und dem Hund damit einen sicheren Rahmen zu geben. Damit signalisieren Sie Ihrem Hund, dass Sie seine Angst wahrnehmen, ihm aber nichts passieren wird und Sie beide die Situation zusammen durchstehen.