Die 5 besten Tipps zur Hundeerziehung
Ein Hundetrainer verrät seine persönliche Favoritenliste für Tipps zur Hundeerziehung
Tipps zur Hundeerziehung von erfahrenen Hundehaltern oder Hundetrainern können in schwierigen Situationen helfen und manchmal sogar ein lange bestehendes Problem lösen. In diesem Artikel gibt der Hundetrainer Bernd Baron seine fünf besten Tipps für eine zielführende Hundeerziehung. Dabei nimmt er immer wieder auch die Perspektive des Hundes ein.
Ein Interview mit Bernd Baron – ein Hundetrainer, der für faires Hundetraining wirbt
Bernd Baron ist zertifizierter Hundetrainer, der seit über 15 Jahren Hunde trainiert und sich gewaltfreie Trainingsmethoden auf die Fahne geschrieben hat. Trainieren statt dominieren – diesem Leitsatz haben sich Bernd Baron und weitere Hundetrainer verpflichtet. Bernd Baron versteht sich in seinen Trainings auch als „Anwalt des Hundes“ und versucht Haltern die Perspektive des Hundes näherzubringen. Durch seinen eigenen Hund hat sich die Leidenschaft zum Hundetrainer entwickelt. In über 430 Schulklassen konnte er mit seinem Rüden Buddy den Kindern die „Angst vorm großen Hund“ nehmen. Als selbstständiger Trainer hilft er Hundehaltern außerdem in Einzeltrainings.
In meiner Arbeit als Hundetrainer lerne ich immer wieder Familien kennen, die sich einen gut erzogenen Hund wünschen: Er soll natürlich mit allen Kindern super auskommen. Außerdem soll er sich zu Hause absolut ruhig verhalten. Bellen, wenn Besuch kommt, ist nicht angesagt, denn dann schimpfen die Nachbarn. Der Hund soll deshalb jeden Besuch vorbildlich empfangen. Sollte jedoch ein Einbrecher kommen, dann soll der Hund mutig sein und ihn vertreiben. Draußen im Garten soll er ruhig sein, unterwegs außerdem Radfahrer und Jogger in Ruhe lassen und nicht jagen.
Wenn ich solch einen Katalog an Wünschen an den Hund höre, dann merkt man, dass kein anderer Hund so hohe Ansprüche zu erfüllen hat, wie der Familienhund.
Überspitzt formuliert kann man sagen: Viele Hundehalter verlangen von ihrem Familienhund erheblich mehr als die Polizei von ihren Drogenspürhunden.
Ich empfehle Hundehaltern, vor allem eine echte Bindung zu ihrem Hund aufzubauen. Dann haben sie wesentlich weniger Probleme mit dem Verhalten. Meine 5 Tipps sind dabei:
1. „Sprechen Sie Hund“ – lernen Sie verstehen, was Ihr Hund Ihnen sagt
Viel wichtiger für den Hundehalter als die Kommandos „Sitz, Platz und Fuß“ ist das Verstehen der Körpersprache des Hundes und seiner Beschwichtigungssignale. Diese beim Hund generell zu kennen, ist die Grundvoraussetzung für das Verstehen des eigenen Hundes.
Ich bin der Meinung, wer einen Hund in seinen Haushalt holt, der sollte sich unbedingt mit der Körpersprache von Hunden auseinandersetzen. Denn Hunde geben sich wirklich Mühe, uns zu lesen, aus unserem Verhalten Entscheidungen zu treffen und ihr Verhalten zu korrigieren – viele Menschen sind da leider weniger fleißig als ihr Hund.
Die meisten Beißvorfälle finden innerhalb der Familie statt. Bevor ein Hund aber wirklich beißt, hat er lange vorher eine Menge körpersprachliche Signale gezeigt, denn Hunde möchten Konflikte auf alle Fälle vermeiden. Diese Signale zu kennen und zu wissen, wie man darauf reagiert, ist im Zusammenleben mit Hunden meiner Meinung nach das Wichtigste.
Sehen Sie Ihren Hund von vorne an, um seine Mimik zu lesen
Ohne Anleitung verstehen Hundehalter die Körpersprache ihres Hundes jedoch oft nicht. Ich rate daher dazu, unbedingt Bücher zum Thema zu lesen oder Videos anzuschauen. Mein Buchtipp: Turid Rugaas: Calming Signals – Die Beschwichtigungssignale der Hunde. Es gibt natürlich auch Trainer in der Welpenschule und Hundeausbildung, die die Körpersprache des Hundes erklären können.
Hundehalter sollten bedenken, dass sie ihren Hund oftmals nicht von vorne sehen, wie beim Spaziergang oder auch beim Bürsten. Das bedeutet, dass Sie die körpersprachlichen Signale, wie etwa Blinzeln, über den Fang Lecken oder Gähnen gar nicht bemerken. Um aber auf Stresssignale Ihres Hundes eingehen zu können, muss man diese ja erst einmal kennen und dann auch erkennen. Bürsten Sie Ihren Hund doch mal vor einem Spiegel, so können Sie die Intensität des Bürstens schnell regulieren, wenn Sie bemerken, dass Ihr Hund beschwichtigende Signale zeigt.
2. Entspannung ist für den Hund wichtiger als Aktivität
Wir Menschen verlangen beim Training oft viel mehr vom Hund als von uns selbst. Dabei ist Entspannung viel wichtiger als bestimmte Aktivitäten wie Agility, Hundefrisbee, Joggen oder Fahrradfahren. Was wir Menschen ständig so mit unseren Hunden unternehmen, ist zwar nicht schlecht, doch manche Hundehalter übertreiben es. Wie so oft gilt auch hier: Weniger ist oft mehr.
Ich werde oft zu Einzeltrainings gerufen, weil der Hund völlig aufgedreht ist und selbst nach einem zweistündigen Spaziergang zu Hause nicht zur Ruhe kommt. Dass genau diese Aktivität für viele Hunde viel zu viel ist, ist den meisten Hundehaltern nicht bewusst. Tipps wie „Du musst Deinen Hund nur richtig auslasten, dann klappt das schon“, macht es oft noch viel schlimmer. Hunde, die zu wenig Ruhe bekommen und sich nicht entspannen können, werden über kurz oder lang Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Wie würden Sie sich verhalten, wenn Sie häufig mit Schlafenzug leben müssten? Denken Sie an die langen Ruhezeiten, die ein Hund benötigt. Diese Ruhezeiten sind elementar wichtig für den Hund. Leider sind wir Menschen dem Hund hier auch kein gutes Vorbild, denn sehr viele Menschen können selber nicht entspannen.
Die 5-Minuten-Regel zum Spazierengehen mit Welpen
Als Faustregel gilt: Pro Lebensmonat sollten Sie 5 Minuten mit Ihrem Hund spazieren gehen. Es kann manchmal auch ein bisschen mehr sein, aber viele Hundehalter überbieten das um das Drei- bis Vierfache und gehen mit ihrem sechs Monate alten Dalmatiner schon zwei Stunden spazieren – „weil der Hund mit 6 Monaten doch schon so groß ist“.
Konditionierte Entspannung mittels Signal und Ritual
Ich empfehle, eine konditionierte Entspannung zu üben. Mithilfe eines Signalwortes lernt der Hund dann, in eine kurze Entspannungsphase zu kommen. Hilfreich ist auch eine konditionierte Entspannung mithilfe eines Rituals. Dafür ist es wichtig, dass der Hund einen Rückzugsort zu Hause hat. Dies kann ein Korb oder eine Box sein. Eine Box ist besonders hilfreich in einem Haushalt mit Kindern. Die Kinder sollten wissen, dass sie den Hund in seiner Box nicht stören dürfen. Wichtig: Machen Sie die Tür der Box im Haus nicht zu. Der Hund muss sie alleine verlassen können.
Ein anderes Ritual: Unser Hund schläft zum Beispiel nachts mit einem Halstuch mit Lavendelduft. Er verbindet mit dem Halstuch und dem Duft, dass er sich nun entspannen und schlafen kann. Dieses kann Ihm dann in Situationen, die für Ihn stressig sind, wie z.B. das Alleinebleiben, enorm helfen.
3. Trainieren Sie über positive Verstärkung
Bei der Hundeerziehung gilt: Entweder wir belohnen Verhalten, das uns gefällt, oder wir bestrafen Verhalten, das uns nicht gefällt. Das klingt banal, aber mehr Möglichkeiten haben wir eigentlich nicht. Für das Tier ist allerdings der Weg bis zum Ende der Übung entscheidend, nicht das Ziel selbst.
Der Weg zum Ziel ist für den Hund das Entscheidende, nicht das Ziel
Was ich damit meine, wird an einem kleinen Beispiel klar. Stellen Sie sich ein Gartenlokal vor: An zwei Tischen liegen zwei Hunde auf ihrer Decke. Das Ziel der Erziehung sieht bei beiden Hunden damit gleich aus: Die Hunde sollen entspannt auf Ihrer Decke neben dem Tisch liegen.
Wie es im Inneren des Hundes aussieht, kann dabei sehr unterschiedlich sein. Ist einer der Hunde mit positiver Verstärkung trainiert worden, liegt er völlig entspannt da. Der Hund, der jedes Mal getadelt wurde, wenn er von der Decke aufstand, ist innerlich gestresst und ängstlich. Für den Hund ist es entscheidend, ob Sie mit positiver Verstärkung oder mit Sanktionen erziehen, dieses wurde in vielen Studien bereits erwiesen.
4. Trainieren Sie mit Marker
Ihren Hund mit einem Markerwort oder Klicker zu trainieren ist sehr effektiv. Es geht beim Training darum, dem Hund ein Alternativverhalten beizubringen, statt nur zu sagen: „Nein, aus, Schluss!“ Zeigen Sie dem Hund, was er stattdessen machen soll, und belohnen Sie ihn dafür. Einem Hund, der ständig am Tisch bettelt, bringe ich bei, dass er gerne auf seine Decke geht. Der Hund muss also erst einmal wissen, was er tun soll. Wenn die Belohnung dann zum richtigen Zeitpunkt kommt, kann der Hund sein Verhalten sehr gut mit der Belohnung verknüpfen und lernen. Beim Hundetraining ist ganz wichtig: Ein Lob ist nur dann ein Lob, wenn der Hund es auch als Lob empfindet. Die Belohnung muss daher etwas sein, was er liebt. Die Belohnung muss außerdem so eingesetzt werden, dass der Hund sie mit dem verknüpft, was er gerade tut. Wenn Sie innerhalb von ein bis zwei Sekunden belohnen, verknüpft er sein Verhalten mit dem, was er gerade vorher getan hat.
Man kann statt eines Klickers auch ein Markerwort einsetzen. Bei uns ist es das Wort „Top“. Wenn ich zu unserem Hund Eddie dieses Wort sage, dann weiß er, dass er gerade in diesem Moment etwas richtig gemacht hat. Er ist so konditioniert, dass er mich sofort anguckt, weil er weiß, was er bekommt, und die Belohnung kann ruhig ein paar Sekunden später kommen.
5. Der Spaziergang ist für den Hund da
Beim Hundespaziergang stehen oftmals nicht die Bedürfnisse des Hundes im Mittelpunkt, sondern die des Hundehalters. Der Hund wird einfach nur mitgenommen, doch:
Ein Spaziergang ist nicht dazu da, dass der Hund sich auspowert.
Es gibt aber auch das andere Extrem, bei dem das Gassigehen zum lästigen Übel für den Hundehalter wird. Der Spaziergang mit Herrchen und Frauchen ist langweilig? Dann sucht sich der Hund eine Beschäftigung: Radfahrer anbellen, Jogger jagen. Er reagiert auf alles Mögliche, weil ja sonst nichts passiert.
Viele Hundehalter haben anstrengende Jobs, sind immer ausgebucht und damit verkommt der Hundespaziergang zum schnellen Gang um den Block und es geht gar nicht um den Hund. Es wird telefoniert, es wird Musik gehört, aber das Wichtigste, der Hund, bekommt keine Aufmerksamkeit. Das spürt der Hund – und holt sich die Aufmerksamkeit woanders.
Dabei kann es ganz einfach sein: Der Hund sollte auf dem Spaziergang zum Beispiel schnüffeln dürfen, deshalb bleibt der Halter eben auch mal stehen. Er muss natürlich auch sein Geschäft in Ruhe verrichten können. Zwischendurch können Sie mit Ihrem Hund Futterspiele machen. Damit fördern Sie Ihren Hund geistig und sorgen dafür, dass er sein bestes Organ, nämlich die Nase, einsetzt. Dafür müssen Sie nichts bei sich haben als Futter.
Seien Sie kreativ, sie können Futtersuchspiele in vielen Varianten durchführen und das schönste ist, Futtersuchspiele wird Ihr Hund nie langweilig finden. Nebenbei lernt Ihr Hund, dass es sich lohnt und Spaß macht, sich in Ihrer Näher aufzuhalten, weil da immer so tolle Dinge passieren. Übrigens: Ein Hund der in Ihrer Nähe ist, kann keine anderen belästigen.
Für einen entspannten Spaziergang brauchen Sie nur drei Dinge:
- ein gut sitzendes Brustgeschirr
- eine verstellbare Drei-Meter-Leine und
- ein Bauchtasche voll Leckerlis
Machen Sie den Spaziergang zu einem gemeinsamen schönen Event. Denn: Wenn Sie Ihrem Hund Aufmerksamkeit schenken, dann bekommen Sie diese auch zurück. Sobald Sie Ihren Hund verstehen lernen, ist der Alltag viel einfacher und spannender!