Wann ist es sinnvoll, einen Rüden zu kastrieren?

Tipps und Alternativen zur Kastration 

Sollte ich meinen Hund kastrieren lassen oder nicht? Diese Frage stellen sich viele Hundehalter. Auch unter Tierärzten wird das Thema Kastration stets aufs Neue diskutiert. Eine pauschale Antwort können wir Ihnen daher nicht geben. Bevor Sie sich für eine Kastration Ihres Rüden entscheiden, sollten Sie die Vor- und Nachteile für sich und Ihren Hund individuell abwägen. Die Kastration kann – neben der Unfruchtbarkeit – einige Veränderungen bei Ihrem Hund bewirken. Und auch rechtliche Fragen sollten Sie bei Ihrer Entscheidung bedenken. Dieser Artikel liefert Ihnen eine Orientierung.

Kastration bei Hunden: Die aktuelle Rechtslage

Bei der operativen Kastration entfernt ein Tierarzt die Hoden des Hundes. Dadurch wird der Rüde unfruchtbar und verliert auch seinen Sexualtrieb. Was viele Hundehalter nicht wissen:

 

Nach dem aktuellen Tierschutzgesetz ist die Kastration von Hunden in Deutschland verboten. Die einzige Ausnahme: Ein Tierarzt ordnet die Kastration wegen eines triftigen medizinischen Grundes an – zum Beispiel, wenn der Hund an einer Krankheit leidet, die sich nur mit einer Kastration behandeln lässt. 

 

Die Fortpflanzung beim Hund zu verhindern, ist laut dem aktuellen Gesetz kein  ausreichender Grund für eine Kastration. Der Hintergrund: Hunde laufen – zum Beispiel im Gegensatz zu Freigängerkatzen – nicht selbstständig draußen herum. Stattdessen gehen sie stets in Begleitung ihrer Halter spazieren. Deswegen wird von Haltern erwartet, dass sie ihre Hunde gut beobachten – und dafür sorgen, dass sie sich nicht ungehindert fortpflanzen. Auch die Prävention zukünftiger Krankheiten ist nach dem Gesetz kein Grund für eine Kastration. Trotzdem bieten viele Tierärzte in Deutschland Kastrationen noch immer als Routineeingriff an. In anderen europäischen Ländern ist die Kastration zum Beispiel bei freilebenden Hunden teilweise erlaubt. Dadurch will man eine unkontrollierte Fortpflanzung bei Straßenhunden verhindern. 

Ein Hund trägt einen Schutzkragen aus Plastik und wird von zwei Tierärzten untersucht.

Wann ist eine Kastration beim Rüden sinnvoll?

Eine Entscheidung zur operativen Kastration beim Hund sollte stets gut überlegt und begründet sein. Denn dieser Eingriff kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. 

Es gibt zwei Situationen, in denen eine Kastration beim Rüden sinnvoll sein kann: 

  1. Ihr Hund leidet unter einer Erkrankung, die nur durch eine Kastration geheilt werden kann. 
    Dazu gehören zum Beispiel bösartige Tumore an den Hoden und im Analbereich Ihres Hundes oder auch ein Hodenhochstand.
  2. Ihr Hund gefährdet Menschen oder Tiere durch sein aggressives Verhalten. Und: Dieses Verhalten hängt eindeutig mit seinen Sexualhormonen zusammen. 
    Einige Rüden neigen zu einem besonders verstärkten Sexualtrieb („Hypersexualität“). In seltenen Fällen entstehen dadurch Verhaltensweisen, die für andere Hunde oder Menschen gefährlich werden können – zum Beispiel wenn ihr Hund wegen eines Überschusses an Testosteron besonders aggressiv ist. Wichtig: Nur wenn Sexualhormone für das aggressive Verhalten beim Hund verantwortlich sind, kann es sinnvoll sein, über eine Kastration nachzudenken. 

Eine Kastration ersetzt nicht die Erziehung bei Ihrem Hund 

Einige Hundehalter erhoffen sich von einer Kastration eine generelle „Beruhigung“ im Wesen Ihres Hundes. Tatsächlich kann die Kastration einmal gefestigte Verhaltensweisen – wie zum Beispiel Aggressivität gegenüber anderen Rüden – nicht vollständig beseitigen. Hierzu braucht es vor allem konsequentes Training und eine gute Erziehung beim Hund. Wenn Sie Probleme mit aggressivem Verhalten bei Ihrem Hund haben, sollten Sie zunächst herausfinden, woher seine Aggressionen stammen könnten: Fragen Sie zum Beispiel Ihren Tierarzt um Rat oder besuchen Sie mit Ihrem Rüden eine Hundeschule. Das Streunen wegen läufigen Hündinnen oder Urinmarkieren am Haus ist ein normaler Ausdruck des Sexualtriebs bei Ihrem Hund – und kein Grund für eine Kastration. Auch diesen Verhaltensweisen können Sie am besten mit einem geeigneten Training begegnen.

Ein Frau trainiert mit einem jungen Husky auf einem Hundetrainingsplatz. Der Husky sitzt in einem Gummireifen und schaut aufmerksam auf seine Halterin.

Was spricht gegen eine Kastration beim Rüden?

Bei einer Entscheidung für oder gegen eine Kastration sollten Sie die Vorteile stets mit potenziellen Nachteilen abwägen. Generell birgt jeder operative Eingriff auch Risiken für Ihren Hund – das betrifft sowohl die Operation an sich als auch die Vollnarkose. Außerdem gibt es Zusammenhänge zwischen einer Kastration und dem Auftreten verschiedener Krankheiten beim Hund – wie zum Beispiel Übergewicht, Schilddrüsenunterfunktionen, Knochenkrebs, Herztumore oder orthopädische Probleme. Generell scheint das Risiko, an einer dieser Krankheiten zu leiden, bei kastrierten Hunden höher zu sein. Jedoch betreffen sie nicht jede Hunderasse im gleichen Maße. Ihr Tierarzt kennt Ihren Hund genau und kann Ihnen hierzu eine Einschätzung liefern.

Auch die Kosten für eine Kastration sollten Sie bei Ihren Überlegungen berücksichtigen: Der Preis für eine operative Kastration beim Rüden liegt in der Regel zwischen 100 und 400 Euro.

Welche Alternativen zur chirurgischen Kastration gibt es bei Rüden?

Inzwischen existieren zwei Alternativen zur chirurgischen Kastration für Hunde: die Sterilisation und die chemische Kastration beziehungsweise der Hormonchip. Auch diese beiden Maßnahmen machen den Rüden unfruchtbar. Für die Sterilisation und den Hormonchip gelten in Deutschland die gleichen Gesetze wie für die operative Kastration: Sie dürfen nur eingesetzt werden, wenn es einen medizinischen Grund dafür gibt.

  1. Sterilisation beim Rüden
    Bei einer Sterilisation werden die Samenleiter eines Hundes durchtrennt. Dieser Eingriff macht den Hund nachhaltig unfruchtbar. Im Gegensatz zur operativen Kastration hat die Sterilisation aber keinen Einfluss auf seinen Hormonhaushalt.
  2. Hormonchip oder chemische Kastration 
    Bei der chemischen Kastration wird dem Hund im Nacken ein Chip unter die Haut eingesetzt. Dieser Chip enthält das Hormon Deslorelin, das den Hund unfruchtbar macht. Seine Wirkung hält in der Regel zwischen sechs und zwölf Monate an – danach ist der Rüde wieder voll fortpflanzungsfähig. Der Hormonchip ist vor allem für Hunde geeignet, deren Besitzer wegen eines unerwünschten Verhaltens über deren Kastration nachdenken: Mit dem Chip können Sie das Verhalten Ihres Hundes ohne den Einfluss seiner Sexualhormone beurteilen. Sollte sich durch den Hormonchip nichts verändern, wird auch eine Operation nicht den gewünschten Effekt bringen.
Eine Tierärztin hält einen Schäferhund in einer Tierklinik.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Kastration beim Rüden?

Grundsätzlich sollte eine Kastration beim Rüden nicht zu früh passieren. Denn: Wenn Ihr Hund zu früh kastriert wird, bremst dies seine geistige und körperliche Entwicklung. In der Regel sollten Sie mit der Kastration Ihres Rüden mindestens bis zur Vollendung seines ersten Lebensjahres abwarten – dann ist seine Pubertät abgeschlossen und er hat alle wichtigen körperlichen Veränderungen durchgemacht, die in dieser Zeit passieren. Nur in besonderen Ausnahmen – wie medizinischen Notfällen – sollten Sie Ihren Hund früher kastrieren lassen. 

Ein junger Border Collie sitzt in einer Blumenwiese.

Was verändert sich nach einer Kastration beim Rüden?

Die operative und auch die chemische Kastration sind ein massiver Eingriff in den Hormonhaushalt eines Hundes. Da die Hormone an vielen Vorgängen in seinem Körper beteiligt sind, können Sie nach einer Kastration unter Umständen Veränderungen an Ihrem Hund beobachten. 

 

Die Kastration kann Auswirkungen sowohl auf das Verhalten Ihres Hundes als auch auf seine körperlichen und gesundheitlichen Merkmale haben. 

 

Wie ausgeprägt und in welcher Form die Veränderungen bei Ihrem Hund passieren, können Tierärzte nicht im Vorfeld vorhersagen. 

Unter anderem sind diese Veränderungen typisch für Rüden, die eine Kastration hinter sich haben: 

  1. Geschlechtstypisches Verhalten: Ein kastrierter Rüde hat keinen Sexualtrieb mehr. Das bedeutet auch, dass ihn läufige Hündinnen nach der Kastration wahrscheinlich weniger interessieren. Ihr Hund wurde früher besonders unruhig, wenn eine Hündin in der Nachbarschaft läufig wurde? Er war reizbarer, ist gestreunt oder legte ein aggressives Konkurrenzverhalten gegenüber anderen Rüden an den Tag? Dann könnte es sein, dass dieses Verhalten nach einer Kastration weniger stark ausgeprägt ist. Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht. 
  2. Fellstruktur: Das Sexualhormon Testosteron hat auch Einfluss auf das Fellwachstum Ihres Rüden: Nach einer Kastration bemerken viele Hundehalter wieder ein vermehrtes Wachstum der Unterwolle bei ihrem Hund. Das Fell bekommt nun wieder ein eher welpenähnliches Aussehen, wird stumpfer und flauschiger. Ähnlich wie beim Fellwechsel des Hundes im Herbst müssen Sie sich nun auf eine intensivere Fellpflege einstellen. 
  3. Übergewicht: Bei vielen kastrierten Hunden stellen die Halter eine Gewichtszunahme fest. Der Grund: Die Sexualhormone beim Hund haben auch eine appetitdämpfende Wirkung. Damit Ihr Hund nicht übergewichtig wird, sollten Sie ihm künftig ein energiereduziertes Futter anbieten. Ihr Tierarzt kann Sie hierbei beraten. 
  4. Gesteigerter Jagdtrieb: Die Sexualhormone wirken eher dämpfend auf die Jagdleidenschaft des Hundes. Daher ist es möglich, dass Ihr Hund nach der Kastration ein größeres Interesse am Suchen und Hetzen zeigt als vorher. 

 

Fazit: Auf die Frage, ob Sie Ihren Rüden kastrieren sollten oder nicht, gibt es keine pauschale Antwort. Wägen Sie die Vor- und Nachteile einer Kastration stets individuell ab und stellen Sie das Wohl Ihres Hundes in den Vordergrund. Bei Ihrer Entscheidung sollten Sie unbedingt auch die aktuelle Tierrechtslage beachten – und sich von Ihrem Tierarzt beraten lassen. 

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