Ab wann ist der Hund ein Senior?
Ab welchem Alter Hunde zum Senior werden, woran Sie es erkennen und wie Sie sie unterstützen können – ein Interview mit Hundekennerin Dorothee Dahl
Die Expertin
Ganz gleich ob Welpe oder pflegebedürftiger Senior: Seit mehr als 30 Jahren kümmert sich Dorothee Dahl liebevoll und gewissenhaft darum, dass es ihren Hunden gut geht – in jeder Lebensphase. Gerne teilt sie ihre Erfahrungen mit anderen Hundebesitzern, damit möglichst viele Menschen eine ebenso glückliche Zeit mit ihren alten Gefährten verbringen können.
Viele Menschen denken beim Hundekauf nicht gleich an den gealterten Hund, der er einst werden wird. Doch allmählich wird aus dem süßen Welpen erst ein ausgewachsener Hund und dann ein Senior. Dorothee Dahl hat Tipps, wie es eine glückliche Zeit wird, und erklärt, warum ein Mantel ein Gamechanger ist.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit dem Thema Senior-Hunde zu beschäftigen?
Ich bin Autorin – mein Thema sind die Tiere, die mit uns Menschen zusammenleben. Die Botschaft meiner Bücher: Ich möchte, dass es den Tieren gut geht. Ich hatte selbst immer Hunde und habe gemerkt: Nicht alle Menschen, die einen Hund aufnehmen, beschäftigen sich vorher intensiv mit Erziehung, Pflege und Ernährung. Auch die Frage, ab wann ein Hund ein Senior ist und was das bedeutet, haben längst nicht alle Hundehalter im Blick.
Ab welchem Alter sollten Hundehalter damit rechnen, dass der Hund sich verändert und zum Senior wird?
Das ist ganz unterschiedlich und hängt von der Rasse ab – und von der Größe und dem Gewicht des Hundes. Dies hat mit Stoffwechselprozessen zu tun, die bei größeren Hunden meistens schneller ablaufen. Ihr Bewegungsapparat ist außerdem durch ihr höheres Gewicht und durch ihre Größe viel stärker belastet. Das heißt, Hunde großer Rassen werden in der Regel schon viel früher Hunde-Senioren als kleine Rassen.
Eine siebenjährige Dogge ist schon alt – ein siebenjähriger Dackel dagegen erst in seinen besten Jahren.
Es ist wichtig, das Alter des Hundes in etwa zu kennen, um zu wissen, in welcher Lebensphase er sich befindet. Denn danach sollten Sie unter anderem auch das Futter für den Hunde-Senioren aussuchen.
Hundejahre in Menschenjahre umrechnen – so geht’s
Hunde werden im Schnitt 15 Jahre alt. Das hängt von der individuellen Größe und Rasse des Hundes ab. Um ihr Alter mit dem von Menschen zu vergleichen, rechnete man früher mit 7 um. Ein Hundejahr galt als sieben Menschenjahre. Es galt die alte Formel „Hundejahre x 7 = Menschenjahre“. Heute schlägt die Wissenschaft eine etwas andere Umrechnung vor:
16 x ln (Hundealter) + 31 = Hundealter in Menschenjahren
Der Logarithmus gibt an, mit welcher Zahl potenziert wird, um von einer Basiszahl ausgehend eine andere Zahl zu erhalten. Man multipliziert also den Logarithmus des Hundealters mit 16 und addiert dazu 31. Nach dieser Rechnung ist ein fünfjähriger Hund in Menschenjahren beispielsweise schon 42 Jahre alt: 16 x ln (5) + 31 = 42.18
Sollten Hundehalter also schon bei der Anschaffung bedenken, dass der Hund ein Senior wird?
Ja, das ist sehr wichtig. Ich empfehle immer, die Hunderasse so auszusuchen, dass der Hund und seine Aktivität zum Halter passen. Menschen, die sehr gerne auf dem Sofa sitzen, sollten sich besser keine Rasse aussuchen, die sehr viel Bewegung braucht. Sie könnten sich stattdessen auch einen älteren Hund ins Haus holen, weil dieser erfahrungsgemäß einfach weniger aktiv ist.
Betrifft das auch die Wohnsituation?
Ja – wer im dritten Stock wohnt und einen Hund anschaffen will, sollte überlegen, ob er es schafft, den Hund später regelmäßig zu tragen. Dann ist es vielleicht sinnvoll, eine Hunderasse zu wählen, die man auf den Arm nehmen oder in einer Tasche tragen kann. Auch Tierarztbesuche können im Alter häufiger werden. Dann kann es zum Problem werden, wenn der Hund sehr groß ist und der Halter ihn nicht ins Auto heben kann. Eine ausziehbare Rampe ist als Einstiegshilfe in diesem Fall eine gute Lösung.
Was verändert sich bei Hunde-Senioren?
Es gibt eine Reihe von Anzeichen dafür, dass Hunde in die Senioren-Phase kommen:
- Die Fellfarbe verändert sich: Den meisten Hunden sieht man an, dass sie älter werden. Sie haben dann die berühmten grauen Schnauzen. Bei einem weißen Hund sieht man natürlich nicht, dass er grau wird. Oft ist es aber so, dass zum Beispiel die Flecken verblassen. Bei einem Dalmatiner oder einem Hund mit braunen Flecken werden diese dann plötzlich ganz hell.
- Auch die Augen verändern sich: Sie werden oft etwas trüb. Das kann Grauer Star sein, also die abnehmende Sehfähigkeit. Aber man kann es den Augen manchmal auch einfach ansehen, dass der Hund alt wird.
- Der Bewegungsapparat und der gesamte Körperbau ändern sich ebenfalls. Allgemein gesagt: Der Hund wird gesetzter und langsamer. Die Bewegungsabläufe werden langsamer und es kann sein, dass er durch die Bewegungseinschränkungen Schwierigkeiten beim Aufstehen bekommt. Dann können Sie ihm dabei helfen Bei großen Hunden ist ein weiches Geschirr hilfreich, mit dem Sie den Hund beim Treppensteigen oder Aufstehen unterstützen können.
- Oft nimmt auch das Hörvermögen ab. Der Hund reagiert nicht mehr auf alle Zurufe. Vielleicht hat er Mühe zu hören und reagiert erst bei Blickkontakt. Eventuell müssen Sie daher lauter rufen oder ihn holen gehen, weil er Sie nicht mehr hören kann.
- Manche Hunde-Senioren sind in fremder Umgebung weniger gut orientiert. Im bekannten Umfeld geht es ihm vielleicht noch gut und er verhält sich unauffällig. In einem unbekannten Umfeld wird der Hund jedoch unruhig.
Wie sollten Hundehalter sich umstellen, um optimal auf den Hunde-Senior einzugehen?
Die Bewegung nimmt im Alter auch bei aktiven Hunden ab. Sie wollen zwar, können aber nicht mehr so wie früher. Das kann der Zeitpunkt sein, an dem Hundehalter sich auf ihren Hund einstellen sollten – und nicht mehr umgekehrt. Denn alte Hunde sollten nicht überfordert werden. Es kann beispielsweise helfen, einen Wagen zu kaufen, in dem der Hund während des Joggens sitzen kann – oder Sie joggen eben nur noch so weit, wie der Hund es auch schafft.
Für einen alten Hund ist es ganz besonders wichtig, die Haare zwischen den Pfoten zu schneiden. Regelmäßiges Bürsten ist wichtig, weil das Fell durchs lange Liegen schneller verfilzt. Auch die Krallen nutzen sich nicht mehr so gut ab, weil der Hund nicht mehr so viel läuft. Sie müssen daher öfter geschnitten werden. Tipp: Sie trauen sich das nicht zu? Dann bitten Sie den Tierarzt oder einen Hundefriseur.
Es ist natürlich schön, wenn Ihr Hund angenehm riecht und sauber ist. Sie müssen Ihren alten Hund aber nicht unbedingt baden, stattdessen können Sie ihn jeden Tag bürsten. Statt ihn zu baden, waschen Sie Ihren Hund hin und wieder auch mit warmem Wasser und etwas Hundeshampoo ab und säubern die Ohren regelmäßig.
Ist der Hund im Alter weniger aktiv und hat vielleicht auch ein dünneres Fell? Dann ist es ratsam, ihm im Winter einen Mantel anzuziehen. So hat der Hund einen besseren Regenschutz, er durchnässt und unterkühlt nicht. Achten Sie auch darauf, dass der Hund warm liegen kann – am besten auf einer dicken Decke oder – noch besser – auf einer viscoelastischen Matratze, die den Körper des Hundes stützt und sich seinen Körperformen anpasst.
Ein ganz ganz wichtiges Thema ist auch die Zahnpflege. Die Pflege des Mauls und die Zahnpflege werden für Hunde-Senioren noch wichtiger. Es gibt dafür Maulsprays, kleine Fingerlinge oder spezielle Hunde-Zahnbürsten. Am besten ist es, mindestens drei- bis viermal in der Woche die Zähne zu reinigen, um das Gebiss so zu erhalten, dass es nicht stinkt, keine Entzündungen entstehen und der Hund sein Futter gut aufnehmen kann. Ergänzend sind Snacks und Kauringe zur Zahnpflege zu empfehlen.
Ab wann sollte ein Hund Senior-Futter erhalten?
Auf Hundefutterpackungen steht oft: ab einem Alter von sieben Jahren. Dies ist ein Anhaltspunkt, aber wie schon besprochen ist es sehr individuell, wann ein Hund zum Senior wird. Hundehalter sollten deshalb bei jedem Hund individuell entscheiden. Die Aktivität spielt eine große Rolle für die Futterwahl.
Nimmt die Aktivität des Hundes insgesamt ab, dann ist meistens auch eine Futterumstellung erforderlich – vom Adult-Futter zum Senior-Futter.
Senior-Futter ist speziell für ältere Hunde zusammengestellt. Es hat einen verringerten Energiegehalt, weniger Protein sowie einen reduzierten Phosphor- und Natriumgehalt. „Bedarfsgerecht“ ist hier das Zauberwort. Alles, was der Hund braucht, soll er natürlich bekommen. Tipp: Gegen Hunger kann es helfen, mehrmals am Tag zu füttern. Füttern Sie bisher zweimal am Tag, dann können Sie einen Hunde-Senior dreimal am Tag füttern. Sie unterteilen dann die Gesamtmenge pro Tag auf drei kleinere Portionen, damit der Hund keinen Hunger hat und alles bekommt, was er braucht.
Ist spezielles Senior-Futter wichtig für ältere Hunde?
Futter ist einer der wichtigsten Faktoren beim Älterwerden. Wechselt man beim älteren Hund nicht auf Senior-Futter, kann es passieren, dass der Hund dick wird. Für die optimale Hundernährung bei Hunde-Senioren ist es wichtig, ein Alleinfuttermittel zu füttern, das von Experten zusammengestellt worden ist. Also ein Futter, in dem alle für den Hund notwendigen Nährstoffe enthalten sind. Häufig ist es im Alter auch so, dass Hunde ein bestimmtes Futter nicht mehr vertragen.
Eine gute, artgerechte Hundeernährung spart oft auch Tierarztkosten.
Was unterstützt Hunde-Senioren außerdem?
Ein älterer Hund freut sich über Zuwendung und Empathie. Lassen Sie ihn ruhig ein bisschen länger schnüffeln und gehen Sie darauf ein, dass er inspiziert, was ihm gefällt. Hunde schenken uns ihre bedingungslose Liebe und sind unsere treuen Gefährten. Im Alter können wir ihnen etwas zurückgeben, indem wir stärker auf sie eingehen und sie unterstützen. Dann wird auch diese Phase eine glückliche Zeit für Ihren Hund.