Arthrose beim Hund – ein häufiges Problem
Die Anzeichen für Arthrose und wie Sie durch die Fütterung vorbeugen können
Arthrose ist eine gefürchtete Gelenkkrankheit bei Hunden. Im Interview erläutert Tierarzt Dr. Andreas Seide, woran Sie Arthrose erkennen, wie Sie Beschwerden lindern können – und was Sie tun können, damit es erst gar nicht zu diesen Problemen kommt.
Tierarzt Dr. Andreas Seide arbeitet seit 1998 in Bremen
mit seinem Team für das Wohl seiner Patienten.
Ist Arthrose eine häufige Krankheit bei Hunden?
Ja, ich schätze, dass ungefähr 20 Prozent der Hunde von Arthrose betroffen sind. Im Alter sind es sogar noch mehr. Es ist wie bei uns Menschen: Im höheren Lebensalter entwickeln sich Gelenkprobleme durch Verschleiß, sodass eine Arthrose dann wahrscheinlicher wird. Aber Arthrose ist keine Alterskrankheit – sie kommt auch schon bei jungen Hunden vor.
Woran erkennt man Arthrose beim Hund?
Es gibt eine ganze Reihe von Anzeichen:
- Die Bewegungen des Hundes sind nicht flüssig.
- Der Hund reagiert empfindlich auf Berührungen im Bereich der betroffenen Gelenke. Dies kann auch der ganze Rücken sein, wenn die Wirbelsäule von Arthrose betroffen ist.
- Der Hund legt sich nicht geschmeidig ab sondern sackt regelrecht in sich zusammen.
- Er hat Probleme beim Aufstehen.
- Der Hund muss sich erst „einlaufen“ und braucht eine Weile, bis er sich geschmeidig bewegen kann.
- Beim Spaziergang fängt der Hund zwischendurch an zu humpeln.
- Manche Hunde setzen sich während des Laufens hin, weil sie Schmerzen in den Gelenken haben
- Wenn der Hund plötzlich nicht mehr ins Auto springen kann oder will, kann dies ein Anzeichen von Arthrose sein.
- Manche Hunde haben auch Probleme beim Treppenlaufen oder verweigern die Treppe ganz. Im schlimmsten Fall stürzen sie sogar auf der Treppe und rutschen ab.
Ist Arthrose schmerzhaft für den Hund?
Im fortgeschrittenen Stadium ist Arthrose sehr schmerzhaft. Der Hund nimmt dann eine Schonhaltung ein und bewegt das betroffene Gelenk möglichst wenig.
Wir erleben manchmal, dass Besitzer sagen: „Schmerzen hat er nicht, er jault ja nicht.“ Aber Hunde mit chronischen Schmerzen geben keine permanenten Schmerzäußerungen von sich – sie suchen sich eher eine Haltung, die für sie erträglich ist.
Wie werden Hunde mit Arthrose behandelt?
Bei Hunden mit Arthrose hilft es im Rahmen der Schmerztherapie zunächst einmal, das Gewicht zu reduzieren. Die Hunde müssen dann weniger Gewicht tragen, das führt häufig dazu, dass auch der Schmerz leichter ist.
Außerdem verschreibt der Tierarzt oft entzündungshemmende Medikamente – mit oder ohne Cortison – sowie Medikamente gegen die Schmerzen. Daneben können Behandlungen beim Physiotherapeuten oder Chiropraktiker, Bewegungstherapien wie das Wasserlaufband, Strom- oder Laserbehandlung, Wärme oder Kälte helfen und die Symptome lindern.
Als letzte Maßnahme empfiehlt sich in vielen Fällen eine chirurgische Maßnahme. Dabei prüft der Tierarzt die Erfolgsaussichten der OP. Sie hängt auch vom Allgemeinzustand sowie vom Alter des Hundes ab.
Wichtig zu wissen: Diese Behandlungen können sehr kostenintensiv sein. Eine Krankenversicherung ist da hilfreich, da sonst auf einen Schlag sehr hohe Kosten auf den Halter zukommen.
Wieso kommt es schon bei einigen jungen Hunden zu Arthrose?
Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- Es kann eine Entwicklungsstörungen in den Gelenken vorliegen, etwa eine Ellbogen- oder Hüftgelenkdysplasie. Auch ausgeprägte Probleme mit den Kniescheiben sind besonders bei kleinen Hunderassen oft genetisch bedingt. Wenn zum Beispiel die Kniescheibe immer wieder rutscht, dann sehen wir auch bei jungen Hunden schon Knorpelschäden. Die Knochenplatte reagiert darunter, und es kommt zu einer Arthrose.
- Ein weiterer Grund für Arthrose können Gelenkentzündungen sein. Bei einer Gelenkentzündung kommt es in der Folge zu einer Zerstörung des Knorpels, auch dann kann anschließend eine Arthrose auftreten.
- In seltenen Fällen kann auch ein Unfall die Ursache für eine Arthrose sein. Nach Frakturen mit Gelenkbeteiligung bilden dann auch junge Hunde oft anschließend eine Arthrose aus.
Worauf sollten Hundehalter bei ihren Welpen achten?
Wer ein Tier vom Züchter erwirbt, sollte nachfragen, wie es mit den Elterntieren aussieht. Sind die Eltern frei von einer Hüftgelenksdysplasie (HD) und Ellenbogendysplasie (ED) oder gab es in der Vergangenheit damit Probleme?
Eine HD- und ED-freie Zucht garantiert zwar nicht, dass die Nachkommen definitiv davon frei sind. Aber die Wahrscheinlichkeit ist höher. Waren die Elterntiere dagegen bereits betroffen, hat man auch bei den Nachkommen mit höherer Wahrscheinlichkeit Probleme mit Arthrose.
Außerdem sollte man darauf achten, dass der Hund nicht zu schnell wächst:
Eine Überversorgung mit energiereichem Futter führt dazu, dass die Welpen zu schnell wachsen. Das kann eine Ursache für spätere Gelenkprobleme sein.
Wird der Energieüberschuss nicht aufgebraucht, entwickeln Hunde anschließend außerdem zusätzlich Übergewicht – was die Gelenkprobleme verstärkt.
Sollte man die Futtermenge bei jungen Hunden kontrollieren, um Arthrose vorzubeugen?
Ja, bei einem jungen Hund sollten Sie unbedingt kontrollieren, wie viel Sie füttern.
Es ist ein Mythos, dass Welpen im ersten Jahr so viel fressen dürfen, wie sie wollen. Die Energiemenge kann dann nämlich sehr schnell den Bedarf übersteigen.
Oft rechnen Hundehalter auch etwa Leckerli nicht mit ein, dadurch ist die berechnete Futtermenge am Ende nicht korrekt. Es gibt große Studien zu diesem Thema: Tiere, denen das Futter in den ersten Lebensjahren zugeteilt wurde und die eher restriktiv gefüttert wurden, sind im Durchschnitt gesünder und haben eine höhere Lebenserwartung. Diese Hunde haben auch eine durchschnittlich bessere Gelenkgesundheit. Hundehalter können sich an den Wachstumskurven orientieren, wenn sie das Gewicht ihrer Welpen überprüfen.
Führt Arthrose zu dauerhaften Problemen?
In meiner Erfahrung gibt es zwei Gruppen von Patienten. Die einen haben schubweise Beschwerden und müssen daher auch nur phasenweise behandelt werden. In die zweite Gruppe fallen Patienten, die sofort unter Beschwerden leiden, wenn die Medikamente abgesetzt werden. Sie fangen manchmal bereits zwei, drei Tage nach Absetzen der Medikamente wieder an zu humpeln. Für diese Patienten ist es ganz wichtig, sich ein sinnvolles Management zu überlegen. Da kann es sinnvoll sein, auch auf zusätzliche Maßnahmen zu setzen, die unterstützen.
Was können Hundehalter zusätzlich tun?
Die Gelenke werden vor allem durch starke Muskeln entlastet. Eine gute Auslastung ist daher für alle Hunde die Grundlage – auch für die Gelenkgesundheit. Hundehalter können den Gelenkstoffwechsel außerdem im Rahmen der Fütterung mit Nahrungsmittelergänzungen unterstützen. Es gibt in meiner Erfahrung eine Reihe von effektiven Nahrungsmittelergänzungen.
Teufelskralle, Hyaluron oder auch die äußerliche Behandlung mit CBD-Öl kann unterstützend helfen. Wird Hyaluron über das Futter gegeben, erreicht es alle Gelenke gleichermaßen. Das ist ein Vorteil gegenüber dem auch üblichen Injizieren von Hyaluron direkt ins Gelenk. Denn dies ist nur bei größeren Gelenken möglich. Auch Grünlippmuschelextrakt kann eine positive Wirkung haben. Es gibt Studien, die zeigen, dass Hunde, die schon als Welpen Grünlippmuschelextrakt im Futter bekamen, eine bessere Knorpelqualität haben als die Vergleichsgruppe, die dies nicht bekam. So lässt sich auf einfache Weise vorbeugen.
Und ganz wichtig:
Verzichten Sie auf Stöckchen- oder Ballspiele, wenn Ihr Hund unter Arthrose leidet.
Das abrupte Stoppen verstärkt die Beschwerden. Besser ist es, den Ball beispielsweise ins Wasser zu werfen, denn beim Schwimmen werden die Gelenke geschont.